Als Nationalparkführerin ist man an Überraschungen gewöhnt. Aber manchmal geschieht Außergewöhnliches. Ein besonderes Erlebnis war für mich die Führung einer Gruppe Seniorinnen – ein Mann war auch dabei - aus Eisenach. Der Aktivtreff vom Arbeiter-Samariter-Bund hatte zu einem Ausflug in den Nationalpark Hainich eingeladen. Zutiefst beeindruckt war ich von der Lebensfreude der zumeist sehr betagten und teils nicht gesunden Ausflügler.
Insgesamt waren wir zwölfdreiviertel Menschen – die 30jährige Rokaya erwartet im Januar ihr Baby. Sie senkte den Altersdurchschnitt deutlich auf 68 Jahre. Mit fast 90 Jahren schob Anneliese als Älteste unverdrossen ihren Rollator über die Waldpromenade. Insgesamt waren es drei Frauen, die über 80 Jahre alt sind. International waren wir auch unterwegs. Elvira, eine Russlanddeutsche aus Kasachstan, und Rokaya, eine Ärztin aus Algerien, wollen ihre neue Heimat kennen lernen. Liebevoll betreut wurden alle von Ramona, der Chefin im Aktivtreff, und von Heidi, die sich dort ehrenamtlich engagiert.
Umweltbewusst begannen wir unsere Fahrt am kühlen Morgen mit dem Linienbus. Wir freuten uns, dass sich der Nebel immer weiter verzog, je näher wir dem Nationalpark Hainich kamen. An der Thiemsburg angekommen begannen wir unseren Spaziergang bei strahlend blauem Himmel mit dem Besuch der Waldpromenade. Einige wunderten sich, denn dort war es doch ziemlich kühl. Auf diesem Weg sind noch viele Blätter an den Bäumen, so dass nur wenig Sonnenlicht auf den Waldboden fällt. Dafür entschädigte der Blick auf das prächtige Farbenspiel der buntgefärbten Blätter. Neben den schönen Eindrücken gab es viel Wissenswertes zu hören und einiges zu erleben. Am Schilfteich haben wir die Wassertiefe gemessen – es waren 40 cm. An den beiden Traubeneichen „Braut und Bräutigam“ drapierten sich alle zum obligatorischen Gruppenfoto.
Am Erlenbruch ruhten wir uns ein bisschen aus. Ich nutzte die Gelegenheit und informierte über dieses kostbare Biotop. Anschließend wanderten wir entlang der vielen interessanten Elemente auf der Waldpromenade. Die verschiedene Objekte wurden ausgiebig ausprobiert. Waltraud umarmte den mächtigen Bergahorn. Andere erspürten die Struktur des Baumes. Dabei erfuhren alle, dass es inzwischen Untersuchungen gibt, die belegen, wie gut der Aufenthalt in der Natur für die Gesundheit ist.
Immer wieder geduldig dienten die Waldspaziergängerinnen als Fotomodelle. Besonders gern in Pose gesetzt hatte sich Mathias. Trotz einer wirklich schweren Krankheit probierte er vieles aus: Er hielt die Hainbuche am Erlenbruch fest, legte sich in die Hängematte und kletterte später noch ganz hoch auf die Aussichtsplattform des Baumkronenpfades.
Langsam bekamen alle Hunger und strebten zur „Wald-Rast“. Hier nutzten wir die Gelegenheit zum Picknick, denn alle hatten sich etwas zum Essen mitgebracht. Als praktisch erwies sich ein Handfeger, um die Bänke von den vielen bunten Blättern zu befreien. Auf dem Tisch blieben sie als natürliche Dekoration einfach liegen. Natürlich hatten wir an Sitzunterlagen gedacht. Zum „Nachtisch“ hatte Ramona eine Überraschung dabei und es gab stilgerecht an der „Wald-Bar“ einen Taschenrutscher. Am Ende des Rundgangs fand eine Fotosession am „Wald-Porträt“ statt. Dieses Element gefällt übrigens allen Besuchern sehr und ich muss bei meinen Rundgängen immer wieder Fotos machen. Das tue ich natürlich sehr gern.
Von der kühlen Waldpromenade ging es dann hinauf auf den sonnigen Baumkronenpfad. Als wir aus dem Fahrstuhl stiegen empfing uns Postkartenwetter. Der Himmel und die Natur waren so überwältigend schön, dass es kaum zu glauben war. Wir wandelten nun in luftiger Höhe über dem Dach der Baumkronen.
Doch nicht nur der Gang auf dem Baumkronenpfad stellte ein besonderes Erlebnis dar. Die Mitarbeiter hatten sich etwas Tolles zu Halloween einfallen lassen. Kinder und Grundschüler aus der Umgebung hatten mit viel Phantasie und Geschick kleine Meisterwerke aus Kürbissen gestaltet, die in den Nischen ausgestellt waren. Alle Besucher bekamen Zettel und konnten ihre Favoriten ankreuzen. Das Exemplar mit den meisten Stimmen wird dann prämiert. Kaum zu glauben, aber ich bekam meine Truppe nicht von den Kürbissen weg. Alle machten ständig Fotos.
Am Aussichtsturm angekommen, war nur Matthias mutig genug, den Turm hinauf zu steigen. Alle anderen ruhten sich auf den Bänken aus und genossen aus etwas weniger Höhe den tollen Ausblick.
Nachdem wir dann unten wieder angekommen waren, steckten wir die Zettel in den Kasten für die Kürbis-Abstimmung und machten uns auf den Rückweg. An der Bushaltestelle übergab die Gruppe eine Spende für die Juniorranger des Nationalparks Hainich. Ein paar Tage später besuchte ich die Gruppe im Aktivtreff, wo wir gemeinsam die Fotos auswählten und den Ausflug besprachen. Alle waren ganz begeistert von der bunten Farbenpracht des Herbstes und den vielen Eindrücken und Erlebnissen. Fazit der Gruppe: Für den Indian Summer muss man nicht nach Kanada reisen. Ein nächster Besuch im Nationalpark Hainich ist fest eingeplant. Dann geht es ins Wildkatzendorf nach Hütscheroda.
Übrigens: Den Kürbiswettbewerb haben die „Salza-Knirpse“ mit ihrer „Hainich-Hexe“ gewonnen. Es war die Nummer 5.
Ihre Nationalparkführerin Silvia Daniel