Weidetiere „arbeiten“ auf dem Kindel, bei Bolleroda und auf dem Steinberg als Landschaftspfleger. Durch Tritt und Fraß halten sie die Landschaft offen und erhalten so seltene Lebensraumtypen und schützen deren Bewohner wie die Gelbbauchunke und den Goldenen Scheckenfalter.
Allerdings frisst und tritt jedes Weidetier etwas anders: Schafe bevorzugen Kräuter. Ziegen haben ein breites Futterspektrum und die Neigung, Gehölze sehr stark zu verbeißen und deren Rinde zu schälen. Pferde und Rinder fressen eher unspezifisch, neben Gräsern auch Kräuter. Durch Tritt und Wälzen an bestimmten Stellen schaffen insbesondere diese schweren Tiere Rohboden und verhindern das Aufkommen von Gehölzen.
Gemieden (und damit gefördert) werden von allen Weidetieren stachelige Arten wie Silberdistel oder Stengellose Kratzdistel, giftige oder an Bitterstoffen reiche Arten wie Tauben-Skabiose, Deutscher und Gewöhnlicher Fransenenzian oder Arten mit aromatischen Inhaltsstoffen wie viele Lippenblüten-gewächse. Viele dieser Arten sind wichtige Futterpflanzen für Schmetterlinge.
Weil die Weidetiere bestimmte Bereiche auf der Fläche bevorzugen und andere eher meiden und sich dadurch Häufigkeit und Intensität von Fraß und Tritt stark unterscheiden, entsteht im Ergebnis ein abwechslungsreiches Mosaik an Lebensräumen.
Nicht nur die je nach Tritt und Fraß passende Weidetierart muss für eine Fläche gefunden werden, sondern auch die richtige Besatzdichte. Zu viele Tiere schaden der Artenvielfalt, denn Insekten und Pflanzen werden zu intensiv abgefressen und zertreten. Zu wenige Tiere führen zu einer starken Verbuschung und Vergrasung. Im Nationalpark wird etwa ein Tier (bspw. Pferd oder Rind) pro drei Hektar gehalten.
Wie der Name Gelbvieh schon nahelegt, handelt es sich um ein einfarbig gelbes Rind mit meist hellem fleischfarbenen Flotzmaul – der Verschmelzung von Nasenlöchern und Oberlippe.
Das Gelbvieh fällt laut der Roten Liste der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. in die Kategorie III "gefährdet".
Rinder dieser Rasse weiden auf der fast 120 ha großen Ganzjahresweide am Kindel.
Das Exmoor-Pony stammt ursprünglich aus dem Exmoor im Süd-Westen Englands. Das Gebiet südlich des Bristol Channel ist heute ein Nationalpark. Es ist eine sehr hügelige Landschaft, landwirtschaftlich oft nicht nutzbar, in der in weiten Teilen Ginster, Heide und Buschwerk vorherrschen.
Hier konnten einige Exmoor-Pony-Herden nahezu wild überleben. Sie zählen zu den wenigen "richtigen Wildpferden", denn sie sind keine ausgewilderten Hauspferde. Sie wurden auch nicht nach Phänotyp (äußerem Erscheinungsbild) zurück gezüchtet. Sie sind tatsächlich immer noch genau die Ponys, die seit Jahrtausenden dort ohne menschliche Eingriffe leben. Die Natur trifft die Auslese, das Herdenleben sorgt für die Sozialisation und den Charakter, Wetter und Futter(knappheit) für robuste Gesundheit.
Diese Robustart steht auf den Ganzjahresweiden auf dem Kindel gemeinsam mit dem Gelbvieh (Nähe Wanderparkplatz) und mit Hochland-Rinder bei Bolleroda.
Das Schottische Hochlandrind ist die älteste registrierte Viehrasse (1884). Sie stammt aus dem Nordwesten Schottlands und von den Hebriden, wo sie seit Jahrhunderten durch natürliche Selektion die ihr zugeschriebenen Eigenschaften entwickelt hat – das kleinwüchsige und relativ leichte Hochlandrind gilt als gutmütig, robust und langlebig.
Schottische Hochlandrinder stehen gemeinsam mit Exmoor-Ponys auf der 73 ha Ganzjahresweide auf dem Kindel bei Bolleroda sowie auf einer Fläche von 16 ha auf dem Steinberg. Die Tiere sind dort von Frühjahr bis Herbst auf der Weide.
Etwa 400 Schafe und Ziegen beweiden eine Fläche von 112 ha, die sich ebenfalls in der Nähe des Wanderparkplatzes Kindel befindet. Sie bleiben von Mai bis November auf der Sommerweide und verbringen die kalte Jahreszeit im behüteten Schafstall.
In unserem Faltblatt "Wilde Weide" erfahren Sie mehr zu den Themen Weidetierarten, NATURA 2000 und unsere Wandermöglichkeiten über und entlang der Weiden.