Wilde Weide

Weideflächen in einem Wald-Nationalpark?

Der Nationalpark Hainich wirbt mit dem Motto „Urwald mitten in Deutschland“. Er gehört mit seinen alten Buchenwäldern seit 2011 sogar zum UNESCO-Weltnaturerbe. Dafür ist er über die Grenzen Thüringens hinaus bekannt. Warum gibt es dann Offenland im Nationalpark und aus welchem Grund soll es auch zukünftig offengehalten werden?

Auf der Fläche des heutigen Nationalparks befanden sich bis in die 90er Jahre zwei Truppenübungsplätze: TÜP Weberstedt und TÜP Kindel. Da der Platzbedarf für die militärischen Übungen der Panzer sehr hoch war, wurden in den 60er und 80er Jahren großflächige Kahlschläge durchgeführt. Über die folgenden Jahrzehnte mussten diese Flächen offengehalten werden, denn anderenfalls wäre eine rasche Wiederbewaldung erfolgt. In regelmäßigen Abständen wurden die Ausschläge der Wurzelstöcke entfernt. Außerdem führten Schäfer große Schafherden über die Flächen.

Dieses sogenannte extensiv genutzte Offenland ist in der landwirtschaftlich immer intensiver genutzten Landschaft thüringen-, deutschland- und europaweit sehr selten und damit auch sehr wertvoll geworden. Ebenso sind Tier- und Pflanzenarten, die diese offenen Lebensräume bewohnen, immer seltener geworden. Sie haben auf den ehemaligen Truppenübungsplätzen im heutigen Nationalpark Hainich eine Heimat gefunden.

Heute helfen Schottische Hochlandrinder, Gelbvieh, Exmoor-Ponys, Schafe und Ziegen im Nationalpark, diese Flächen auch in Zukunft offenzuhalten. Feste Weideflächen befinden sich auf dem Kindel in der Nähe des Wanderparkplatzes sowie bei Bolleroda und auf dem Steinberg.


In unserem Faltblatt "Wilde Weide" erfahren Sie mehr zu den Themen Weidetierarten, NATURA 2000 und unsere Wandermöglichkeiten über und entlang der Weiden. 


Verlust von Lebensraum

Etwa ein Drittel unserer heimischen Pflanzen- und Tierarten haben auf extensiv genutzten Wiesen und Äckern ihr zuhause. Jahrhundertelang förderte die Landwirtschaft so die Artenvielfalt. Durch die Offenhaltung und Bewirtschaftung der Landschaft entstanden viele unterschiedliche Lebensräume, in denen sich Feldlerche, Kornblume und auch der Goldene Scheckenfalter wohlfühlten.

Heute sieht unsere Landwirtschaft leider ganz anders aus. Die Agrarwüsten der intensiven Landwirtschaft bieten keinen Platz für Vielfalt. Aus artenreichen Äckern und Weiden sind monotone und artenarme Flächen geworden. Die Ackerschläge werden immer größer, Ackerrandstreifen und Hecken gehen verloren, viele Flächen sind überdüngt, Pestizide, Fungizide und Insektizide werden massenhaft eingesetzt.

Neben dieser Intensivierung der Landwirtschaft führte auch die Nutzungsaufgabe und damit einhergehende Sukzession in den vergangenen Jahrzehnten zu einem Verlust an Lebensraum für Offenlandarten wie den Goldenen Scheckenfalter.


Schutzgebietsnetzwerk NATURA 2000

Viele Arten sind nicht nur innerhalb eines Landes, sondern europaweit stark gefährdet. Im Rahmen des grenzübergreifenden europäischen Schutzgebietsnetzes NATURA 2000 werden sie besonders geschützt. Dieses Schutzgebietssystem setzt sich aus den einzelnen Gebieten der Fauna (Tiere) - Flora (Pflanzen) – Habitat (Lebensraum)-Richtlinie, kurz FFH-Gebiete, sowie denjenigen der Vogelschutz-Richtlinie zusammen.

Die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie hat zum Ziel, wildlebende Arten, deren Lebensräume und die europaweite Vernetzung dieser Lebensräume zu sichern und zu schützen. Die Vernetzung dient der Bewahrung, (Wieder-)herstellung und Entwicklung ökologischer Wechselbeziehungen sowie der Förderung natürlicher Ausbreitungs- und Wiederbesiedlungsprozesse. Sie dient damit auch der von den EU-Mitgliedstaaten 1992 eingegangenen Verpflichtungen zum Schutz der biologischen Vielfalt (Biodiversitätskonvention, CBD, Rio 1992).

Welche Tier- und Pflanzenarten und sogenannte Lebensraumtypen geschützt werden sollen, ist in den verschiedenen Anhängen der FFH-Richtlinie aufgeführt. Eine Auswahl von Tierarten, die im Offenland des FFH-Gebietes und Vogelschutzgebietes "Hainich" vorkommen, in den Anhängen gelistet sind und daher im Nationalpark besonders geschützt werden, sind hier näher vorgestellt.

In ganz Thüringen gibt es mehr als 270.000 ha 212 FFH- und 44 Vogelschutzgebiete, die zusammmen knapp 17 % der Landfläche ausmachen. Neben den jeweiligen Schutzgebietsverwaltungen kümmern sich aktuell 12 NATURA 2000-Stationen um die FFH-Gebiete und Vogelschutzgebiete. 

Mehr Informationen unter:
Natura 2000 in Thüringen

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Madlen Schellenberg

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