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Aufatmen bei Turmfalke, Wacholderdrossel und Co.

Ornithologie vom

  • Das Foto zeigt eine Wacholderdrossel.
    Apfelstücke werden im Winter gern von der Wacholderdrossel angenommen. Foto: Daniel Storch
  • Das Foto zeigt einen Turmfalken.
    Unter der dicken Schneedecke sind Mäuse für den Turmfalke unerreichbar. Foto Daniel Storch
  • Auf dem Foto werden Mäusegänge gezeigt, die unter dem Schnee entstanden sind und nach dem Abtauen sichtbar wurden.
    Mäusegänge nach dem Abtauen des Schnees - unter dem hohen Schnee waren sie bei der Nahrungsaufnahme an der Erdoberfläche sicher. Foto: Joachim Blank

War das der Winter? Steht der Frühling vor der Tür oder trügt der Schein? Schneefälle zu Ostern und Frost bis in den Mai sind nicht so außergewöhnlich. Minus 20 Grad über Tage und kniehohe Schneelage waren es. Nicht nur in der Vogelwelt atmet man jetzt, wo es vorbei zu sein scheint, auf. Auch für die anderen Wald- und Feldbewohner ist die akute Not vorüber.

Zahlreiche heimische Vogelarten sind auf das Überleben im mitteleuropäischen Winter eingestellt und verlassen unsere Breiten daher im Herbst nicht. Sie werden gemeinhin als Standvögel bezeichnet. Doch die Übergänge sind fließend. Amseln, Turmfalken, Schleiereulen und Mäusebussarde können sich mit einsetzendem Frost noch kurzfristig zum Wegzug entschließen.

Manche Exemplare zögern, versuchen solange wie möglich an ihren Revieren festzuhalten, denn die Konkurrenz ist groß und so könnte das eigene Revier nach der Rückkehr schon besetzt sein.

Wer zu lange zögert und nicht schon vorher in guter Kondition war, landet mit Glück noch in einer Pflegestation wie der Vogelschutzwarte Seebach oder anderen, oft ehrenamtlich betriebenen Auffangstationen. Viele Vögel sterben, besonders kleine Arten mit hohem Nährstoffumsatz sind in den langen, eisigen Winternächten dem Erfrierungstod nahe. Nahrungsspezialisten wie der Eisvogel, aber auch Schleiereulen und Reiher finden plötzlich kein Futter mehr. Selbst Fließgewässer sind durch Eis versiegelt, Mäuse laufen unerreichbar unter der dicken Schneedecke und Insekten sind tief verborgen in engen Spalten und Borkenritzen. Im schlimmsten Fall können so 50 bis 90 Prozent des Bestandes ausgelöscht werden.

Mit steigenden Tagestemperaturen entspannt sich die Situation langsam. Die Nächte bleiben jedoch vielfach noch unangenehm kühl. Und bevor der Schnee geschmolzen ist und Insekten wieder an die Oberfläche kommen, bleibt es eine Zeit der Entbehrungen, ein zermürbender Überlebenskampf.

Ob es sich dabei noch um natürliche Auslese handelt sei dahingestellt. In einer vielfach aus dem Gleichgewicht gebrachten Umwelt mit dauerndem latentem Nahrungsmangel, sind zahlreiche Vogelbestände seit Jahren geschrumpft, haben sich Nachwuchsraten verringert und die Verbreitungsgebiete verkleinert. Ein frostiger Winter hat auf einen bereits anfälligen Vogelbestand sicher weitaus negativere Auswirkungen.

Naturschutzmaßnahmen sind deshalb Aufgabe aller und dürfen sich nicht nur auf Schutzgebiete beschränken.

Joachim Blank